Die Bedeutung von Videospielen für die kindliche Entwicklung, altersgerechtes Gaming und die Verantwortung der Eltern: Das Familienmagazin hello familiii hat für seine Ausgabe Oktober 2019 ein Interview mit ÖVUS-Präsident Niki Laber geführt. Wir veröffentlichen es hier mit freundlicher Genehmigung.

hello familiii: Wie finden Eltern verlässlich Videospiele, die zum Alter ihres Kindes passen?

Niki Laber: Mit PEGI haben die Spielehersteller in Europa schon vor Jahren ein sehr verlässliches System installiert, auf dessen Einschätzungen betreffend Alterstauglichkeit sich die Eltern wirklich verlassen können. Zusätzlich zur Altersempfehlung kennzeichnet PEGI Spiele auch noch hinsichtlich der Inhalte, also ob es in einem Spiel Gewalt- oder Sexszenen gibt oder der Gebrauch von Drogen oder Alkohol positiv dargestellt wird.

Ist die Altersangabe bindend?

Sie ist nicht bindend, da es immer auf den Reifegrad des jeweiligen Kindes ankommt. So kann ein Fünfjähriger durchaus ein Spiel spielen, das erst ab sieben Jahre empfohlen wird, vorausgesetzt, er hat den entsprechenden Reifegrad. Das müssen aber immer die Eltern entscheiden. Die müssen beurteilen, ob ihr Kind über ausreichend Medienkompetenz für das jeweilige Spiel verfügt oder eben noch nicht. Diese Entscheidung kann nicht auf eine Institution abgewälzt werden.

Wie wichtig ist die Rolle der Eltern?

Sie ist extrem wichtig, denn die Eltern sollten ihre Kinder beim Spielen ständig begleiten, indem sie entweder gemeinsam mit den Kindern spielen oder sich, sobald diese älter geworden sind, laufend für die Spiele, die sie gerade spielen, interessieren. So vermeiden Eltern am besten, dass ihre Kinder für sie ungeeignete Spiele spielen, und bringen ihnen gleichzeitig wichtige Dinge näher, etwa den Wert des Geldes bei In-Game-Käufen, die ja das eigentliche Geschäftsmodell
bei Gratisspielen darstellen. Anhand dieser Spiele können Eltern ihren Kindern etwa sehr gut den Wert des Taschengelds erklären oder ihnen den Sinn des Sparens näherbringen.

Hat sich das Image der Videospiele eigentlich in den letzten Jahren geändert?

Vor einem Jahrzehnt wurden Videospiele vielfach in den Medien noch verteufelt. Das hat sich in den letzten Jahren grundlegend geändert. Videospiele haben heute einen viel positiveren Ruf als damals. Das liegt auch daran, dass die heutige Elterngeneration selbst mit Videospielen aufgewachsen ist und vielfach auch heute noch spielt. Die sehen durchaus auch die vielen positiven Games, welche die Industrie auf den Markt bringt. Geschicklichkeitsspiele fördern die Hand-Auge-Koordination ebenso wie die Bauklötze am Tisch. Und die Eltern haben die Bedeutung der Spiele für das Erlangen von Medienkompetenz für die Kinder erkannt.

Wird also demnächst das Tablet oder die Konsole die Bauklötze im Kinder garten ersetzen?

Bauklötze wird es im Kindergarten immer geben. Moderne Unterhaltungselektronik wird das vorhandene Angebot an pädagogisch wertvollen Spielen sinnvoll ergänzen. Dazu kommt, dass Video- spiele auch in der familiären Erziehung eine wichtigere Rolle einnehmen. Das wird in den nächsten Jahren ein großes Thema.  Bei Volksschulkindern sehen wir schon jetzt, wie gut computerunterstütztes Lernen angenommen wird. Weil es als Spielen und nicht als Lernen empfunden wird. Gemeinsames Spielen fördert die Medienkompetenz der Kinder und stärkt die Bindung der Generationen.

Bleibt nur das Problem des Vor-dem-Bildschirm-Sitzens. Ärzte beklagen, dass unsere Kinder auch wegen der Videospiele immer dicker werden. Was entgegnen sie ihnen?

Kinder brauchen ausreichend Bewegung und eine gesunde Ernährung. Beides propagieren die Spielehersteller auch vehement. Sinn des Spielens ist ja nicht, seine gesamte Lebenszeit vor dem Bildschirm zu verbringen. Generell möchte ich aber betonen, dass seriöse medizinische Studien nachgewiesen haben, das Gaming für Kinder förderlich und nicht schädlich ist. Exzessives Spielen oder gar Spielsucht haben meistens Ursachen im sozialen Umfeld der Kinder, die sich dann in die Spielewelt zurückziehen.